Prolog zum FFH C 556


Unser grundlegendes geowissenschaftliches Konzept erfährt eine gewisse Korrektur. Chemische Prozesse haben in der Natur minimale Spuren hinterlassen, die sich mit der chemischen Fest-Gas-Gleichgewichtsthermodynamik rekonstruieren lassen. Auf diese Weise werden diesbezügliche Sachverhalte bekannt, die sich bisher unserer Beobachtung entzogen haben.

    

Geochemie

Bei den chemischen Prozessen, die bisher unseren Beobachtungen entgangen sind, handelt es sich um Transportreaktionen. Die hier durchgeführten Betrachtungen zum Transportverhalten der chemischen Elemente sind die Fortführung der Arbeit von K. B. Krauskopf, Stanford University, Kalifornien, bei der den Halogenverbindungen der chemischen Elemente eine maßgebliche Rolle eingeräumt wird. 1991 hat sich Prof. K. B. Krauskopf zustimmend über meine Forschungsergebnisse geäußert.
Die Fest-Gas-Gleichgewichtsthermodynamik ist bei den Transportchemikern, die Kristalle züchten und hochreine chemische Verbindungen herstellen, unverzichtbares Instrumentarium; oftmals werden dabei Naturprozesse im Labor nachvollzogen. Und um die systematische Erfassung und Bearbeitung solcher Naturprozesse geht es hier. In der Regel laufen diese Naturprozesse im Verborgenen ab. Gelegentlich werden auch spektakuläre Berichte bekannt: Beobachtungen von A. Breithaupt betreffen die Abscheidung von Hämatit Fe2O3 am Kraterrand des Vesuvs als Spaltenfüllung während des Ausbruchs von 1817, die mit Gasphasentransport von Eisenchlorid erklärt wird. 
Thermodynamische Kräfte können großen Einfluss auf Mineralbildungsprozesse haben. Dafür werden in dieser Studie zahlreiche Beispiele aufgeführt. wobei Chlorverbindungen wie FeCl2,g und Fluorverbindungen wie SiF4,g dominante Rollen einnehmen. CaF2,g und  POF3,g sind z.B. zwei sehr stabile Fluorverbindungen, und die Reaktion von CaF2,g mit POF3,g führt – sobald beide Verbindungen zusammentreffen – in Folge der Gleichgewichtskonstanten dieser Reaktion in einem sehr breiten Temperaturbereich  unumgänglich zur Abscheidung von Apatit Ca5F(PO4)3,s. Derartige Prozesse laufen im großen Ausmaß in der Natur ab und werden als neue Gruppe neben magmatische, sedimentäre und metamorphe Prozesse gestellt. Als Name für diese Gruppe wird Vaporite vorgeschlagen. Zu Vaporiten zählen alle hydrothermalen Erze und Gangarten, metasomatische und pneumatolytische Bildungen, Topas, Apatit, Achat, Kupfer- und Eisenerzlagerstätten verschiedenen Typs sowie Zinn-Wolfram-Vererzungen. Motor der zu Vaporiten führenden Prozesse ist thermische Energie. Abkühlende Magmenkörper bieten für diese sowie für chemische Kreislaufprozesse ideale Voraussetzungen – Kreislaufprozesse sind oft der Schlüssel zu zahlreichen Massentransporten. 
Die Aufnahme chemischer Kreislaufprozesse in das geowissenschaftliche Instrumentarium gehört auch zu den Korrekturen unseres grundlegenden geowissenschaftlichen Konzeptes. 

Kosmochemie

Nach dem Urknall gab es im Universum insbesondere nur zwei chemische Elemente, Wasserstoff und Helium. Die durch stellare Nukleosynthese gebildeten „schweren Elemente“ treten erst etwa 3,5 Milliarden Jahre später auf und damit werden im Universum chemische Reaktionen möglich. Nach Schrön 2019, Argument 14, führt die Existenz „schwerer Elemente“ in der Frühphase von Sternbildungen zur Abscheidung von metallischem Nickeleisen in erheblichen Massen. Weder zu diesen Bildungsprozess noch zu den Konsequenzen der Existenz derartiger Massen von metallischen Eisen sind – soweit ich das übersehen kann - wissenschaftliche Untersuchungen bzw. Überlegungen bekannt, wenn man von den Argumenten 15 und 16 bei Schrön 2019 absieht.
Um metallisches Eisen handelt es sich auch bei den Nickeleisenmeteoriten. Ihr Entstehungsprozess ist in ihrer chemischen Zusammensetzung und strukturellen Merkmalen festgeschrieben. V. M. Goldschmidt hat 1923 den Begriff des geochemischen Charakters der Elemente eingeführt und die in Eisenmeteoriten angereicherten chemischen Elemente siderophil benannt, ohne diesen Begriff exakt zu definieren.
Nun gibt es eine Definition für siderophile Elemente, die vordergründig auf einheitliches chemisches Reaktions- und thermodynamisches Transportverhalten dieser Elemente hinweist. Die Definition der siderophilen Elemente beschreibt die Mobilisierungsprozesse dieser Elemente von der Fest- in die Gasphase eingeschlossen partielle Reduktion zum Element, den Gasphasentransport und die Abscheidung aus der Gasphase als Hexaedrit H, Oktaedrit O oder Ataxit. Dieser Sachverhalt ist der Beweis für den hier beschriebenen Entstehungsprozess – ein Beweis, der außerdem durch fluid inclusions erbracht wird - und führt zu einem grundlegenden Umbruch in der Eisenmeteoriten-Forschung.
Es war kein anderer als Nobelpreisträger H. C. Urey, der 1952 in seinem Buch „The planets. Their origin and development.“ von der Suche nach einem einfachen Prozess der Eisen/Silikat-Trennung vor der Planetenbildung berichtete und schweren Herzens nach vergeblicher Suche auf das Stadium der Differentiation ausweichen musste, um Raum für das Szenarium der Eisen/Silikat-Trennung zu finden.
Es folgten 70 Jahre Fehlentwicklung in der Eisenmeteoriten-Forschung. Dabei hat man sich sogar ignorierend darüber hinweggesetzt, dass beim Schmelzprozess Strukturen wie Widmanstättengefüge irreversibel zerstört werden. Nun stehen wir an einem Neuanfang.
Es gibt noch eine ganze Reihe interessanter Fragen zu klären. Warum z.B. gibt es bei Hexaedriten, Oktaedriten und Ataxiten keine Nickelgehalte <5,1 % und keine Kobaltgehalte >1%? Und warum gibt es in Ausnahmefällen extrem unterschiedliche Nickel/Kobalt-Verhältnisse von 39,2 (z.B. Ataxit Wedderburn mit 22,36 % Ni und 0,57 % Co) und 58,9 (z.B. Ataxit Twin City mit 30,06 % Ni und 0,51 % Co), die sonst stets dicht beieinander bei 20 liegen? Stein-Eisen-Meteorite wie Pallasite verdienen speziell untersucht zu werden, weil sie im Unterschied zu Hexaedriten, Oktaedriten und Ataxiten im Anschluss an Akkretionsprozesse aufgeschmolzen worden sind und die Metallphase beim Aufschmelzen möglicherweise auch chemische Veränderungen erfahren hat. 
Die z.Z. übliche Klassifizierung der Meteoriten ist ungeeignet, die Unterschiede zwischen Eisen- und Stein-Eisen-Meteoriten zu beschreiben. Bei der Differenzierung der Eisenmeteoriten laufen die hier (Schrön 2019) beschriebenen Gasphasen-Transportprozesse ab, was am Ende zur Abscheidung von Oktaedriten, Hexaedriten und Ataxiten, also zu Eisenmeteoriten führt. Bei der Entstehung von Stein-Eisen-Meteoriten schließen sich weitere Prozesse an. Durch Fortsetzung der Akkretionsprozesse werden insbesondere Silikate wie Olivin zugeführt, was zu riesigen Körpern führt, bei deren Aufschmelzung teilweise vorhandene Widmanstättengefüge in der Regel irreversibel zerstört werden. Durch die Aufschmelzungsprozesse unterscheiden sich die Stein-Eisen-Meteoriten von den Eisenmeteoriten, bei deren Entstehung die zur Aufschmelzung erforderlichen Temperaturen nicht erreicht werden. Es machen sich zahlreiche aufgeschmolzene Körper erforderlich, um die Vielfalt der Zusammensetzung der Stein-Eisen-Meteoriten zu erklären.
Alle Nickeleisen- und Stein-Eisen-Meteoriten stammen ausnahmslos aus dem Asteroitengürtel und haben dem Weg in unsere Laboratorien gefunden. Das verdanken wir allein dem Umstand, dass im Asteroitengürtel die Akkretionsprozesse nicht bis zur Bildung eines Planeten geführt haben. 
Durch all diese neuen Vorstellungen werden Geo- und Kosmochemie endlich mit einer Vielzahl von chemischen Reaktionen erfüllt. Damit wird der Chemie endlich der ihr gebührende Platz neben der Physik bei den zahllosen Teilprozessen im Rahmen der Entwicklung des Universums eingeräumt. 
Der Autor dankt Professor Dr. Gerhard Heide, Freiberg, sehr dafür, dass er sich für die Publikation des FFH C 556 verwendet hat. Es ist erfreulich, dass die Publikation der neuen Erkenntnisse an die BAF angebunden ist, zumal die Geochemie des Germaniums bis hin zur Bildung des Argyrodits dabei eine vordergründige Rolle spielt.